Bangkok mit voller Wucht

Um 6:30 Uhr warten wir auf unser Taxiboot. Leider ist weit und breit keines zu sehen. Ein Hotelmitarbeiter drückt uns Frühstückspakete in die Hand. Mir ist wieder etwas übel und mein Nacken ist steif. Gerade machen wir uns Sorgen, ob wir unseren Flug verpassen werden. Die Rezeption ist noch nicht besetzt. Aber, die Kulisse zum Sonnenaufgang macht was her. 

Ich rufe unter der an der Rezeption auf einem Schild hinterlegten Nummer an. Ohne Erfolg. Der hübsche Junge, der die Koffer getragen hat, versucht es auch noch einmal. Auch er erreicht niemanden.

Dann erscheint das Boot mit 15 Minuten Verspätung. Erleichterung macht sich breit.

Aktuell ist um diese Uhrzeit Flut und das Boot kann daher direkt bis vor das Hotel fahren. Wir müssen keine weite Strecke durch das Wasser waten. Auch das Gepäck ist durch die Hotelmitarbeiter schnell an Bord gebracht.

Aufgeschreckt durch die Berichte von gekenterten Booten, haben wir unsere Wertsachen vorsorglich in einem Trockensack untergebracht. 

Nach 45 Minuten Fahrt erreichen wir den Pak Meng Pier. Zusammen mit unseren Koffern werden wir auf ein Moped mit Beiwagen umgeladen. Fahren wir jetzt damit zum Flughafen? Das wird dann eine ganz schön lange und langsame Fahrt.

Aber, das Gefährt dient nur dazu, die Koffer und uns zur nahegelegenen Straße zu bringen. Dort müssen wir noch rund zehn Minuten auf einen Kleinbus warten. 

Während der Fahrt verspeisen wir unsere Hotelsandwiches mit Käse und Schinken, die richtig gut schmecken. Das Frühstücksbuffet im Thapwarin-Hotel war übrigens auch sehr gut, vielseitig und reichhaltig. Aber, Käse und Schinken gab es nicht zur Auswahl. Aus welcher geheimen Quelle diese beiden Zutaten wohl hervorgezaubert wurden?

Am Flughafen angekommen checken wir ein, geben die Koffer ab und warten. Der Fahrer hat jegliche Verspätung locker wieder rausgeholt, deshalb haben wir nun noch eineinhalb Stunden Zeit bis zum Abflug.

Die meisten Fluggäste sind Einheimische. Fast die Hälfte von ihnen trägt medizinische Masken. Freiwillig. Und in Deutschland haben einige Menschen das Maskentragen als Anlass gesehen, die Regierung zu stürzen, da eine solche "Folter" nicht zumutbar sei. 🙄

Unser kurzer Flug vergeht wie im Fluge.

Damit Taxifahrer Touristen nicht übers Ohr hauen, wurde die Vergabe der Fahrzeuge geregelt. Man stellt sich an einem Schalter an, nennt die Adresse, zu der man möchte und bekommt ein Taxi zugewiesen. Auf dem Weg zum Schalter versuchen einige Fahrer, potenzielle Gäste zu überzeugen, den offiziellen Weg zu umgehen. Wir lassen sie links liegen und sitzen Minuten später im Taxi in die Innenstadt.

Unser Fahrer verzehrt während der Fahrt etwas. Es riecht seltsam, während er herzhaft knirschend hineinbeißt. Mich erinnert der Geruch an Artischocke oder Spargel. Bei Simone ruft er Übelkeit hervor. Ich dope sie mit Olbas, weil ich nur zu gut weiß, wie es sich anfühlt, wenn einen Gerüche schier umhauen. Später sehe ich: In unserem Taxi werden gekochte Maiskolben geknabbert. Der Herr Taxifahrer lebt gesund. 

Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir endlich das Hotel, nachdem der Fahrer zwei Mal dort angerufen hat. Die Stadt ist groß und chaotisch. Wir sind mehrfach um den Block gefahren und haben zu dritt das Hotel zunächst übersehen. Aber, aller guten Dinge sind drei und wir jetzt mit einem Hotelzimmer dabei. 

Unser Raum im Dewan-Hotel ist groß, sauber und riecht gut. Ich hatte zwei Einzelbetten gebucht, damit die arme Simone zum Ende des Urlaubs auch endlich mal ein Stück eigene Bettdecke haben darf, die ihr keiner wegnehmen kann. 

Unser Hotel hat einen Pool auf der Dachterrasse und liegt nahe des Flusses und der Straße, in der sich die Rucksacktouristen treffen, der Khao San Road. 

Wir suchen uns im Vergnüngungsviertel ein Restaurant. Um uns herum: Massagesalons, Cannabisshops, die wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und Fressbuden.

Beide bestellen wir eine Tom Kha Gai, eine Kokossuppe mit Hühnchen. 

Die Köchin stellt uns noch großzügig Chillis zum Würzen auf den Tisch. Wir greifen zu. 

Das Essen wird zur Herausforderung. Bei 35°C im Schatten und wilder Schärfe läuft uns der Schweiß in Strömen den Rücken herunter. Gleichzeitig schnieft die Nase. Chillis reinigen von innen. Das Gute: niemand könnte mein Handy aus der Hosentasche klauen, denn es ist mit viel Schweiß dort festgeklebt.  

Wir schlendern durch die Khao San Straße. Ein Wolkenbruch stoppt alles. Eine Verkäuferin bietet uns eine Spinne an. Nehm ich. Wollte ich schon immer mal kosten. Unter den beobachtenden Blicken der anderen Touristen, die zusammen mit uns Schutz vor dem Regen unter dem Dach gesucht haben, beiße ich ihr ein Bein ab. Eine junge Frau möchte wissen: "Und? Schmeckts?"

Ich kommentiere kauend: "Geht so, salzig, wie Gummi. Den Rest packe ich mir für später ein.

Das Tempelgelände dient uns als Abkürzung zum Fluss. 

Eine buddhistische Nonne kreuzt unseren Weg.

Es regnet und wir schützen uns mit riesigen, herabgefallenen Blättern.

Genau zum Schulschluss passieren wir Eltern, die ihren Nachwuchs mit dem Moped abholen.

Auf der Terrasse des New Siam Riverside-Hotels nehmen wir mit Blick auf den Fluss ein Getränk zu uns. In dem Hotel haben wir vor Jahren übernachtet und mochten die Lage sehr. 

Der Rückweg führt uns durch die Khao San-Straße. Auf ein Getränk wollen wir verweilen. In der Bar, an der wir Halt machen, wird auch Lachgas angeboten. Bekommt man das nicht beim Zahnarzt? Ist das empfehlenswert?

Plötzlich setzt wieder ein Wolkenbruch ein. Es schüttet wie aus Eimern bei 30°C. Bangkok ist eine Naturgewalt. In jeder Hinsicht. Wetter, Drogen, Prostitution, gutes Essen, schlechtes Essen, wahnsinnig schöne Sehenswürdigkeiten, Gerüche und Gefühle so stark wie nirgendwo sonst, klebriger Schweiß. Bangkok fühlt man körperlich. Immer. Es lässt niemanden kalt: man liebt es, oder man hasst es. 

Den Tisch an der Flaniermeile haben wir zu Gunsten eines trockenen Standorts in den Innenbereich des Restaurants verlegt. Donnergrollen ist zu hören. Dann läuft großflächig Regenwasser durchs Restaurant. Die Angestellten schieben es mit Besen und Schrubbern wieder hinaus. 

Da es ununterbrochen wie aus Kübeln schüttet, hilft das wenig. Simone findet, wir sollten die Füße hochnehmen. Der Live-Musiker mit der Gitarre habe eben schon einen elektrischen Schlag abbekommen.

"Nothing is gonna flood like Bangkok", kommentiert der asiatische junge Mann am Nebentisch. Bangkok ist in allem extrem. Extrem hässlich und extrem liebenswert. 

Dann erzählt und erzählt er. Wir bilden eine Zwangsgemeinschaft, die dank des Regens in der Gastronomie eng zusammengepfercht ist. Er möchte wissen, warum Deutsche so lange Schachtelworte bilden können. Er wolle Comedian werden, aber, alle fühlten sich heutzutage nur noch angegriffen von Witzen. 

Man dürfe z.B. keine Scherze auf Kosten von Minderheiten mehr machen, eigentlich gar keine Witze mehr. Ich stimme ihm zu und bedauere diese Entwicklung ausdrücklich. Aber, sehen wir der Wahrheit ins Auge: ihm empfehle ich, sich einen anderen Traumjob zu suchen. 

Da er zwischendurch immer wieder total hysterisch kichert, vermutet Simone, er habe Lachgas genommen und möchte das Zeug ausdrücklich nicht mehr ausprobieren. Hahahahaha.🤣🙈

Die Kellnerinnen und Kellner führen mit ihren Schrubbern eine Eiskunstlaufkür auf den weißen Fliesen auf. Sie gleiten durch das Regenwasser; mehr oder weniger elegant, aber immer engagiert.

Müde fallen wir um 19:00 Uhr ins Bett. Zu der Uhrzeit erwacht die Stadt erst richtig. 

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