Beworfen, bezwitschert und angekackt

Ich liege auf der Bettkante; ganz nah am Abgrund; mein Knie baumelt schon frei ohne Kontakt zur Matratze. Warum eigentlich? Ich grübele. Das Bett ist doch breit genug. Auf Simones Seite scheint ein ganzer Meter Matratze ungenutzt zu sein. Ob sie der pustenden Klimaanlage ausweicht? Nach ihrem Erwachen muss ich dieses Rätsel lösen und frage. Simone hat eine total logische Antwort: "Ich folge der Bettdecke!" Ups. Hab ich sie wieder an mich gerissen!? 🙈

Nach dem Frühstück möchten wir für Freitag einen Flug nach Bangkok buchen und besprechen mit der Dame an der Rezeption, ab welcher Uhrzeit wir einen Bootstransfer aufs Festland zum Flughafen Trang bekommen können. Das hinge von unseren Flugzeiten ab, erläutert sie. Die Taxi-Boote würden jedenfalls auch im Dunkeln fahren. Gut zu wissen. 

Dank des schwachen Internets und diverser Fallstricke der Airlines bezüglich des Gepäcks, benötigen wir für die Buchung eine ganze Stunde, die wir an der Rezeption zubringen.

So werden wir unfreiwillige Zeugen eines Gespächs. Ein junger deutscher Tourist reist mit Frau und Kleinkind und möchte einen Bootstransfer nach Ko Lipe buchen. Er wolle aber nicht so gerne mit Tiger-Linie fahren, denn da sei gestern ein Boot gekentert, in dem seine Freunde saßen. 

Davon hatte ich auch schon zufällig gehört. Am gestrigen Nachmittag sammele ich Muscheln am Strand und eine leicht aufgelöste junge Frau nähert sich mir schnell und fragt aufgeregt auf Englisch: "Wo ist die Rezeption?" Ich hatte sie gar nicht kommen sehen, zeige ihr aber den Weg nach rechts zu unserem Hotel. Dann ergänzt sie: "Die Rezeption des Coco-Cottage". Also weise ich stumm in die entgegengesetzte Richtung, während mir langsam auffällt, dass sie ein wenig derangiert aussieht und als Krönung auch noch ein schwarzer, an Schmieröl erinnernder Streifen ihre Stirn "ziert"; so, als hätte sie ein Auto repariert oder einen Reifen gewechselt, nur gibt es hier keine Autos auf der Insel. 

Sie erzählt mir aber sofort, was passiert ist; offensichtlich ist sie noch sehr bewegt und es platzt aus ihr heraus: Ihr Boot sei gekentert und das ganze Gepäck sei nass geworden. Sie hätten einen hohen finanziellen Schaden, da unter Anderem auch der Laptop ertrunken sei und hier wäre keine Polizei. Sie wolle nämlich den Schaden melden. Dann macht sie sich auf zu ihrem Hotel. Ihr Partner sitzt derweil noch auf dem Boot, das die beiden vor Kurzem aus dem Wasser gefischt und jetzt vor unserem Hotel festgemacht hat.  

An der Rezeption sitzend, hören wir heute also, wie der deutsche Tourist seinen Transfer lieber nicht mit der gekenterten Tiger-Linie buchen möchte. Die Hotelmitarbeiterin erklärt ihm, dass das über sie gar nicht möglich wäre, denn das Hotel würde nicht mehr mit dieser Fährgesellschaft zusammenarbeiten. Wir schauen uns gegenseitig vielsagend an. Endlich hat die Flugbuchung geklappt. Das Meer wartet auf uns.

Beim Schnorcheln ist der Blick ins Riff wieder wunderschön. Einige Korallen sehen aus wie riesige Rosenblüten.

Ganze drei Mal begegnen uns heute Wasserschlangen. 

Und ich habe keine davon angefasst (man sollte mich jetzt auch mal loben); auch aufgrund der Vermutung, sie könnten giftig sein. Später bestätigt mir Google diese Annahme.

Eigentlich fühle ich mich wie im siebten Himmel. In dem Baum, unter dem wir liegen, tummeln sich den ganzen Tag über verschiedene gefiederte Gesellen. Am meisten freue ich mich über die Nashornvögel. Aber, dieser Garten Eden in der Baumkrone hat auch seine Schattenseiten: immer wieder werden wir mit Beeren beworfen, angezwitschert und leider auch angekackt. Zum Glück lassen sich die doch recht großen Haufen gut abwaschen, wenn man einen Bikini trägt. 

Auf dem Boden ist hingegen wieder das großes Krabbeln angesagt. Einsiedlerkrebse treffen sich in kleinen Gruppen. Was sie dort wohl besprechen oder planen? 

Da die Insel keine Straßen hat, wird selbst die Lieferung eines Kühlschranks zum Ereignis. Wie der Kaiser von China wird das Haushaltsgerät von vier Trägern aus dem Boot gehoben und auf den Schultern ins Hotel geschleppt. 

Auch eine Gruppe neuangereister Touristen trifft bei Ebbe ein. Ihr Gepäck wird auf Kajaks zum Strand transportiert. Sie selbst müssen durch das knietiefe Wasser waten. 
Die neue Lebensmittellieferung des Hotels wird auch per Kanu ins Haus geholt. 
Ich liebe unseren Aussichtsposten auf der Hotelliege. Trotz Erschöpfung bekomme ich hier alles mit.

Habt ihr auch als Kinder Plastikabfall aus einer Müllkippe gezogen und verbrannt, um zu schauen, was passiert? Während meiner Kindheit waren zwei städtische Müllhalden in fußläufiger Nähe unserer Wohnung in Betrieb. An beiden Orten befinden sich heute gehobene Wohngegenden: am Eskesberg und in der Lüntenbeck. Mit meinen Kindheitsfreunden, Olli und Stephan, habe ich vermutlich viel Unsinn getrieben. 

Unter Anderem erinnere ich mich an die brennende Prilflasche aus der Müllkippe, die eigentlich mehr geschmolzen ist und tropfte wie eine Wachskerze, als in Flammen aufzugehen. Warum ich mich gerade jetzt daran erinnere?! 
Die kleinen Inseln in Thailand riechen nach unserer angezündeten Müllkippenprilflasche. Ich schätze, der viele Plastikabfall, der durch uns Touristen anfällt, wird einfach verbrannt. Gesund ist das bestimmt nicht; für alle, die den Geruch einatmen: Einwohner wie Touristen.

Das Strandrestaurant neben unserem Hotel (gehört zu Koh Ngai Camping) haben wir ins Herz geschlossen. Gutes Essen zu fairen Preisen mit den Tischen am Meer. Essen mit den Füßen im Sand ist aus unser beider Sicht ein großes Glück. Es wird hier übrigens gegen 18:00 Uhr dunkel, denn der Äquator ist nicht weit. Ein guter Anlass, jeden Abend früh ins Bett zu gehen.
Der Eigentümer erzählt, dass während der Corona-Pandemie fast alle Hotels für 2 Jahre geschlossen hatten und manche danach auch nicht wieder öffneten. Er selbst wäre eineinhalb Jahre lang arbeitslos gewesen ohne Touristen. Und insbesondere aus Europa kämen noch lange nicht wieder so viele Gäste wie vor der Pandemie. 

Er fragt sich und uns, warum Europäer so ein großes Problem hätten, eine Maske zu tragen. Wirklich können wir ihm das nicht erklären. Gerade in Asien trägt man oft eine Maske; freiwillig!!! Besonders an Orten, an denen viele Menschen aufeinander treffen, wie Flughäfen oder Innenstädte. 

Der Wind hat aufgefrischt und wir genießen die neue Kühle bei 25°C. 


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